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JA sagt die Finanzverwaltung! Kapitalertragsteuer auch für festverzinsliche reine NACHRANGDARLEHEN beim Crowdinvesting

Rainer Schenk • Mai 20, 2019

Abzugsverpflichtung für Kapitalertragsteuer für Emittenten beim Crowdinvesting

Kapitalertragsteuer-Abzugsverpflichtung auch für Nachrangdarlehen mit fester Verzinsung;
Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 30.04.2019

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Wir haben am 21. Februar 2019 eine formale Anfrage an das Bayerische Landesamt für Steuern hinsichtlich der Frage der Abzugsverpflichtung bezüglich Kapitalertragsteuer bei Nachrangdarlehen mit fester Verzinsung (fixe Verzinsung) im Rahmen von sogenannten Crowdinvesting Vermögensanlagen, bei denen die Emittenten in Deutschland ansässige Unternehmen sind, gestellt.

Das Bayerische Landesamt für Steuern hat daraufhin in seiner Stellungnahme vom 30.04.2019 zur Thematik einer etwaigen Kapitalertragsteuerabzugsverpflichtung bei Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Nachrang und fixem Zins festgestellt, dass auch in den Fällen, in denen zwar vordergründig kein Erfolgszins vereinbart sei, sich jedoch aufgrund der Vertragsgestaltung ein partiarischer Charakter ergäbe, grundsätzlich und zweifelsohne eine Kapitalertragsteuer-Abzugsverpflichtung für den Emittenten dieser Vermögensanlagen bestehe.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Ihre Rechtsauffassung, nach der aufgrund des partiarischen Charakters des vorgelegten Muster-Darlehensvertrages eine Abzugsverpflichtung der Kapitalertragsteuer beim Schuldner der Kapitalerträge entsteht, wird geteilt.“
Der in der Crowdinvesting-Praxis gebräuchliche Darlehensvertrag sähe eine Festverzinsung mit einem relativ hohen festen Zinssatz (z. B. 6 % p. a.) vor.
Die Zinsen würden, vorbehaltlich der Nachrangigkeit, turnusmäßig fällig (z.B. jährlich, halb-jährlich etc.) und würden auf das hinterlegte Bankkonto des Anlegers (Crowdinvestors) aus-gezahlt werden. Als qualifizierter Rangrücktritt wäre vereinbart, dass die Geltendmachung sämtlicher Forderungen des Anlegers gegen den Emittenten, insbesondere der Forderungen auf Rückzahlung des Darlehensbetrages und auf Zahlung der Zinsen, soweit und solange ausgeschlossen seien, wie die Geltendmachung der Ansprüche einen Insolvenzgrund beim Unternehmen herbeiführen würde.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG würde bei inländischen Kapitaler-trägen aus partiarischen Darlehen die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben. Kennzeichnend für ein partiarisches Darlehen sei es, dass die Vergütung nicht oder nicht ausschließlich in einem festen Zinssatz bestehe, sondern in einem Anteil an dem vom Darlehensempfänger erwirtschafteten Erfolg (Bundesfinanzhof (BFH) Urteil vom 13.09.2000, I R 61/99, BStBl 2001 II S. 67).
Es müsse demnach eine „gewisse Erfolgskomponente“ gegeben sein.
Nach dem Urteil des BFH vom 22.06.2010, I R 78/09, Rn. 23, könne die Ergebnisabhängigkeit einer Vergütung auch daran festgemacht werden, dass die vereinbarten Zinsen erst dann zur Zahlung fällig würden, wenn der Schuldner über ausreichende Liquidität verfüge. Diese zeitlich begrenzte Stundungsregelung führe faktisch dazu, dass der Gläubiger erst und nur dann einen durchsetzbaren Anspruch auf den Darlehenszins erlangen würde, wenn der Schuldner ein entsprechendes positives Betriebsergebnis erziele.
Durch das Urteil des BFH sei zu erkennen, dass er in der Liquidität einen Indikator für den Erfolg eines Unternehmens sieht und die Koppelung einer Verzinsung an die Liquidität als erfolgsabhängig anzusehen sei.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Ein Darlehen, bei dem die Zinszahlungen erst dann fällig werden, wenn der Darlehensnehmer über ausreichend Liquidität verfügt, ist daher als partiarisches Darlehen anzusehen.“
Im geschilderten Muster-Fall sei durch die Vereinbarung des qualifizierten Rangrücktritts eine faktische Abhängigkeit der Zinszahlung von der Liquidität des Unternehmens anzunehmen, da die Zahlung nur bzw. erst erfolge, wenn genügend liquide Mittel zur Verfügung stünden. Eine unbedingte Geltendmachung der Ansprüche sei aufgrund der Nachrangigkeit nicht möglich.
Es würde demnach also eine Koppelung der Zinszahlung an die Liquidität des Unternehmens stattfinden. Die Bedingung, dass eine Geltendmachung soweit und solange ausgeschlossen sei, wie die Forderung der Ansprüche einen Insolvenzgrund herbeiführen würde, sei, wie im beschriebenen BFH-Urteil ausgeführt, als Ergebnisabhängigkeit der Vergütung anzusehen und verleiht dem Darlehen den partiarischen Charakter.
Zitat Bayerisches Landesamt für Steuern: „Das Darlehen ist deshalb als partiarisches Darlehen einzustufen. Die Emittenten der Vermögensanlagen sind deshalb als Schuldner der Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 44 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet.“

Fazit:

Die Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Steuern hat für die Beratungspraxis eine wichtige Bedeutung.

Emittenten solcher Vermögensanlagen sollten daher grundsätzlich davon ausgehen, dass auch bei rein festverzinslichen Crowdinvesting Nachrangdarlehen für den Schuldner der Kapitalerträge eine Abzugsverpflichtung für Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer besteht.

Würde man als Emittent diese sich ergebende steuerliche Pflicht ignorieren, würde dies für den Emittenten und die handelnden Personen des Emittenten zur Erfüllung eines Haftungstatbestandes führen, ggf. würde auch der Tatbestand der Steuerverkürzung erfüllt werden. Emittenten, die auf „Nummer sicher“ gehen möchten, sollten daher die Kapitalertragsteuer nebst Annexsteuern (Soli, Kirchensteuer) bei Zinszahlungen an ihre Investoren (Anleger) ein-behalten und an das Finanzamt abführen.

Natürlich kann man im Vorfeld einer Emission den individuellen Darlehensvertrag vom Betriebsstätten Finanzamt des Emittenten über einen formalen Antrag auf verbindliche Auskunft prüfen lassen, wenn man der Meinung ist, eine Abzugsverpflichtung bestünde trotz der vorgenannten Gründe dennoch nicht. Dieser Antragsprozess dauert in der Regel mehrere Wochen und passt an sich nicht in die dynamische Welt der digitalen Unternehmensfinanzierung über die Crowd.

Im Übrigen sei angemerkt, dass die Beachtung einer Abzugsverpflichtung per se weder für den Emittenten noch für den inländischen Crowdinvestor Nachteile bringt. Der Emittent entgeht etwaiger Haftungsansprüche oder sogar einem Steuerstrafverfahren, für den Investor wird an der Quelle besteuert und damit ist die Abgeltungswirkung eingetreten. Der Investor muss dann nicht wegen etwaiger Kapitalerträge seine Einkommensteuererklärung machen, wenn er ansonsten dazu nicht verpflichtet wäre. Versteuert werden müssen die Zinsen so oder so, egal ob mit oder ohne Einbehalt der Kapitalertragsteuer. Ausländische Investoren können sich indessen die deutsche Steuer über einen Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern erstatten lassen.

Im Übrigen sollten die Plattformbetreiber der Crowdinvesting Plattformen, über die schlussendlich solche Vermögensanlagen vermittelt werden tunlichst ihre Kunden und Emittenten auf eine etwaige Abzugsverpflichtung verbindlich und dokumentiert hinweisen, um nicht selbst als möglicher Haftungsschuldner in Anspruch genommen zu werden, vor allem vor dem Hintergrund, dass die gesamten Vertragswerke in der Regel den Emittenten von den Plattformbetreibern zur Verfügung gestellt werden und sich die Emittenten weitestgehend auf die Expertise der Plattformbetreiber verlassen und im Schadensfall die Betreiber mitverantwortlich machen könnten.

Diplom-Kaufmann Universität
Dr. Schenk (Steuerberater)
KANZLEI DR. SCHENK
www.kanzleidrschenk.de
14. Mai 2019


Blog KANZLEI DR. SCHENK

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